Joseph Sharp: Quitting Crystal Meth
Kapitel 4 S. 53 von 99

Probleme von Meetings

Es ist zwar sehr selten, aber bei einem Meeting kann grundsätzlich dasselbe passieren, was Dir immer mit frisch clean gewordenen Ex-Konsumenten passieren kann: Nämlich, dass Dich doch jemand wieder zum Konsum verleitet. Mir selbst hat in all den Jahren noch nie jemand auf einem Meeting Crystal angeboten. Aber ich weiss von anderen, dass es passieren kann. Wenn so etwas in solch einem eigentlich geschützten Rahmen passiert, ist das übel, weil man dort besonders verletzlich ist. Wie gesagt, es wird Dir wahrscheinlich niemals passieren, aber dieses Risiko ist das kleine "dunkle Geheimnis", dass wir hier mal ansprechen müssen. Ein Meeting soll eine Art heiligen Raum darstellen, aber wir alle wissen, dass Raubtiere überall lauern können. Es sind in den USA Fälle bekannt geworden, bei denen Dealer auf Meetings nach neuen Kunden gesucht haben. Letztlich ist es einfach gut, immer ein klein wenig wachsam zu sein. Ein Meeting stellt Dir - sinnbildlich - einen Raum voller Möglichkeiten, Unterstützung und guten Menschen zu Verfügung. Aber wir alle sind eben Menschen, und zwar kämpfende und abhängige Menschen. Behalte dies einfach im Hinterkopf.

Die weiteren Probleme sind im Vergleich dazu weit weniger schlimm. So berichten Neulinge manchmal, dass sie sich ausgeschlossen fühlen, weil sich alle anderen im Raum schon zu kennen scheinen. Sie begrüßen sich, umarmem sich und rufen sich mit ihrem Namen ... und Du stehst vielleicht blöd daneben. Das ist nicht die Regel. Meist wird jemand auf Dich zu gehen. Aber manchmal läuft es am Anfang nicht so reibungslos, dann kann es schon eine Herausforderung sein. Und wenn Du dazu noch extrem schüchtern und unsicher bist, dann ist es umso mehr schwierig. Schwierig ... aber nicht unmöglich. Es ist immer möglich und Du kannst es schaffen. Und diese Schwierigkeit besteht - wenn überhaupt - nur am Anfang. Sobald Du Dich einmal vorgestellt hast, dann bist Du Teil des Ganzen, dann stehst Du nicht mehr außen vor.

Manche Neulinge sagen, dass sie von den Meetings depressiv werden, weil so viel "gejammert" wird. Naja, man wird immer etwas finden, was man an einem Meeting auszusetzen hat: Die Leute sind zu dumm, zu klug, zu esoterisch, zu arrogant, es sind alles nur "Alkis", sie reden zu viel, sie reden zu lang, sie reden nur über sich, sie reden zu wenig, sie sind zu tolerant, sie sind zu wenig tolerant, es sind zu viele Leute, es sind zu wenige Leute, sie passen nicht zum eigenen Alter usw.. Hier kann es hilfreich sein, sich mal wieder vor Augen zu führen, dass man eine von diesen ganz seltenen Krankheiten hat, die einen glauben lassen, dass man gar nicht krank ist. Du kannst davon ausgehen, dass bei solchen Zweifeln Deine Suchterkrankung immer "mit am Werk" ist und Dir irgendwelche Rechtfertigungen liefert, warum Du gar nicht "hierher gehörst".

Behalte in Erinnerung, dass Deine Suchterkrankung über solche Gedanken und alle möglichen anderen Ausreden Dir immer wieder dazwischen funken will. Es gibt sogar einen typischen Ablauf, den viele in ganz ähnlicher Weise bei sich beobachten. Erst wird Dir Deine Sucht alle möglichen Argumente liefern, warum Du nicht zu Meetings gehen sollst, schliesslich geht es Dir ja besser und Du brauchst das gar nicht mehr und es zieht Dich nur runter usw.. Darauf folgen dann meist solch "tolle Ideen" wie: "Jetzt, wo ich die Sucht überwunden habe und weiß wie schlimm man abstürzen kann, bin ich schlauer und es wird nie wieder so weit kommen. Jetzt kann ich sogar - natürlich nur selten und am Wochenende - mal wieder ein bisschen konsumieren, jetzt bin ich ja klüger als vorher."

Nun habe ich Dir sehr viel über die Tricks Deiner Suchterkrankung verraten. Lass sie Dich nicht in ihren fiesen Hinterhalt locken. Und lass sie Dich nicht davon abbringen, Selbsthilfe-Meetings zu besuchen.