Wenn Du getriggert wirst, ist eines der besten Dinge, die Du tun kannst, um dem entgegenzuwirken, es Dir selbst einzugestehen. Das bedeutet: Rede mit jemandem – beschreibe ihm oder ihr all die schmutzigen Details Deines Flashbacks, Deines Cravings oder Deiner Fantasie. Du wirst überrascht sein, wie sehr es die Macht eines Cravings über Dich vermindern wird, wenn Du es jemandem offenbarst. Für Deine Abstinenz ist es wesentlich, eine beste Freundin oder einen besten Freund zu finden, zu der oder dem Du komplett ehrlich sein kannst.
Wenn Du in einer Selbsthilfegruppe bist, wird diese Person Deine Betreuerin oder Dein Betreuer sein. Aber auch wenn Du Deiner Betreuerin oder Deinem Betreuer alles sagen kannst, ist es gut, noch eine andere abstinente Freundin oder einen anderen abstinenten Freund zu haben, mit der oder dem Du clean werden kannst. Je mehr abstinente Freundschaften Du hast, die Dich verstehen, umso besser. Wenn wir unser Verlangen zu konsumieren geheim halten, werden wir schneller wieder rückfällig.
Eines Abends kam mir aus dem Nichts in den Sinn, dass ich bei meinem nächsten Besuch in Los Angeles eine Nacht feiern gehen könnte, nur eine Nacht (schließlich war ich zu dem Zeitpunkt über sechs Monate clean gewesen, also hatte ich mir doch eine Belohnung verdient, oder?). Also plante ich innerhalb von zehn Sekunden, welche Lüge ich meinen Freunden und Freundinnen in Palm Springs auftischen würde, was ich meinen Leuten in L.A. erzählen würde, die dachten, ich komme sie besuchen, plante genau, auf welche Party ich gehen, bei wem ich den Stoff (online) kaufen und wie viel ich für eine Ration Crystal bezahlen würde. Wirklich. Innerhalb von ein paar Sekunden. Mein ruheloses Gehirn ratterte und malte sich die ganze Sache genau aus.
Innerhalb der nächsten zehn Sekunden wurde ich jedoch von Schuldgefühlen überrollt. Sofort dachte ich daran, wie schrecklich das Ende der Party sein würde, wie ich mich fühlen würde, wenn ich am nächsten Tag runterkomme – und dann fragte ich mich, wen ich da eigentlich veräppeln wollte? Ich war mein ganzes Leben lang noch nicht NUR FÜR EINE NACHT mit Crystal unterwegs gewesen. Mein gewöhnliches „Programm“ lag zwischen drei und fünf Tagen, am Ende meiner Konsumjahre immer bei mindestens fünf Tagen. Nein, sollte ich konsumieren, würde ich fünf Tage durchfeiern, dann für einen kurzen Moment runterkommen und mir einreden, dass wenn ich meine Nüchternheit eh schon verloren habe, ich auch noch etwas länger Party machen könne. Und so beginnt der Teufelskreis. Ich hätte wahrscheinlich ein weiteres Jahr vor mir oder schlimmer. Als ich mir diese Option gründlich durch den Kopf gehen ließ, wurde ich wieder entspannter, weil das Verlangen zu konsumieren, die plötzliche Fantasie, zerschmettert wurde. Ich wusste, was nun zu tun war.
Am nächsten Morgen nahm ich zwei cleane Freunde beiseite und gestand ihnen die ganze Geschichte. So konnte ich der Sache ihre Macht über mich rauben. Ich bin froh, dass ich es teilen konnte und nicht geheim gehalten habe. Schließlich teilte ich das noch in der gleichen Woche meiner Gruppe mit, um die Vorstellung noch mehr zu schwächen. Einen Freund oder eine Freundin oder auch mehrere davon zu haben und mit ihnen alles zu teilen, ist ausschlaggebend um nüchtern zu bleiben. Weil wir lernen müssen, uns nicht zu schämen, wenn unsere Krankheit ihren hässlichen Kopf hebt. Es ist keine Charakterschwäche, getriggert zu werden oder sich in einer Konsum-Fantasie zu verlieren. Das ist das, was das Gehirn eines Abhängigen oder einer Abhängigen macht - nach mehr Drogen verlangen.
Wie wir mit dem Craving umgehen, ist der Schlüssel.