Joseph Sharp: Quitting Crystal Meth
Vorwort S. 3 von 99

Du liest dies, weil Dir jemand wichtig ist?

Vielleicht liest Du diese Zeilen gar nicht, weil Du selbst konsumierst, sondern weil Du jemandem helfen willst, sich von seiner Sucht zu befreien? Für Angehörige, Freundinnen und Freunde von Crystal-Usern ist es wichtig, dass ich ein paar Dinge vorab erkläre: Deine Freundin oder Dein Angehöriger ist abhängig aufgrund von körperlichen und biochemischen Vorgängen im Gehirn. Abhängigkeit ist eine chronische Erkrankung, ähnlich wie Asthma oder zu hoher Blutdruck.

Der Unterschied zwischen Crystal-Abhängigkeit und vielen anderen chronischen Krankheiten besteht darin, dass die krankhaften Prozesse nicht in körperlichen Organen lokalisiert sind, sondern in bestimmten Hirnregionen. Deshalb beeinflusst die Crystal-Abhängigkeit das Gefühlsleben und das Verhalten. Viele Menschen kennen oder verstehen diese wissenschaftlich belegten Erkenntnisse bis heute nicht. Sie glauben deshalb, dass Abhängigkeit womöglich selbstverschuldet sei oder dass die Betroffenen keine moralischen Werte haben oder eine Charakterschwäche aufweisen. Die Wahrheit ist jedoch: Sucht ist ein biologischer Prozess. Dies sollten möglichst viele Menschen verstehen. Man würde ja einen Menschen nicht für sein Asthma oder für andere offensichtlich körperlichen Erkrankungen verantwortlich machen. Es zeugt also von Unwissen, wenn man eine Suchtkranke oder einen Suchtkranken verurteilt und ihr oder ihm die Schuld für die Abhängigkeitserkrankung gibt.

Wenn Du als Freund oder Angehörige einen nahestehenden betroffenen Menschen auf diesen Text hinweist, dann beachte, dass Folgendes für alle Beteiligten klar sein muss: Für eine Sucht soll und braucht sich keiner zu schämen. Es ist eine körperliche Erkrankung und es bedeutet nicht, dass Dein Freund oder Deine Angehörige einen schwachen Charakter hat – im Gegenteil! Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht: Abhängige gehören zu den stärksten Menschen, die ich kennenlernen durfte. Wenn sie es schaffen, ihre Abhängigkeit zu überwinden, gelingt es ihnen auch, ihren außergewöhnlichen und starken Charakter zu offenbaren. Du wirst sehen!

Aber als Freund oder Angehöriger musst Du eine Sache verstehen. Nur der Betroffene selbst weiß, wann für ihn der richtige Zeitpunkt zum Aufhören ist. Du kannst diese Entscheidung nicht für ihn oder sie treffen. Deine Bemühung muss also darin bestehen, den Betroffenen ohne Druck und ohne Vorhaltungen auf diesen Text hinzuweisen. So und nicht anders zeigst Du ihm, dass er Dir wichtig ist.